Warum? Weil unser Vorstand an diesem verregneten Februar-Freitag den Kaufvertrag unterzeichnet hat. Wir sind am Ziel. Echt sprachlos vor Glück danken wir jedem Einzelnen der vielen Genossen und Freunden, die tapfer an das eigentlich Unmachbare glaubten und mit so viel Energie wie Engagement auf diesen Moment hingearbeitet haben.
Wer lange prüft, wird endlich fertig: Wir kürzen hier ab und schildern nicht im Detail, wie viele Anstrengungen und Bemühungen es uns gekostet hat, diese multiplen Behördenapparate während Pandemiezeiten zu Entscheidungen zu bewegen. Schwamm drüber. Wichtig ist nur: Seit dem 22. Januar 2021 um 10:18 Uhr sind wir nicht mehr eine Genossenschaft in Gründung, sondern eine echte eingetragene Genossenschaft, wie das Amtsgericht Mannheim mit den Aktenzeichen GnR 700104 aller Welt mitteilt.
Freut uns. Echt. Denn jetzt können wir endlich handeln.
Hilft ja alles nix: Die Behörden kreisten, und wir müssen uns umbenennen. Nur wie? Das Logo steht, zeigt das Kürzel GHG für Güterhallengenossenschaft und soll unbedingt so bleiben. Unsere Lösung: GHG Automobiles Kulturerbe eG. Wir verbinden die nun abgekürzte Güterhallengenossenschaft mit dem Schlüsselbegriff, der im Zentrum unseres Tuns steht. Denn die Halle, so sehr wir sie mögen, dient vor allem dem Zweck, automobiles Kulturerbe zu bewahren, zu pflegen und samt unzähligen Geschichten lebendig zu erhalten.
Die Mitglieder tragen diese Lösung alle mit, zeigt eine schnelle Umfrage. Nur reicht gut gemeint und Ja gemurmelt natürlich nicht: Es muss ein ordentlicher Beschluss her, einstimmig und von allen (!) unterschrieben. Corona allerdings untersagt Versammlungen vor Ort. Also versuchen wir es virtuell – und es sind tatsächlich alle, alle, alle zum vereinbarten Zeitpunkt am Abend des 13. Dezember 2020 an ihren Rechnern, Tablets oder Smartphones. Formalistisch korrekt stimmen wir ab, und weil es dann eben noch die Unterschriften braucht, pfeilt Vorstand Matthias, einem akribisch ausgefeilten Fahr- und Zeitplan folgend, per Fahrrad kreuz und quer durch die Mannheimer Winternacht. Die Genossen zeichnen schnell, und Matthias ist wieder in seinem sicheren Zuhause, bevor die Bürgersteige um 20 Uhr hochgeklappt werden, weil die Corona-Regeln das derzeit so vorschreiben.
Voilà. Unser neuer Name steht. Ab sofort heißen wir GHG Automobiles Kulturerbe eG i.G.
Jetzt geht es darum, dieses blöde Kürzel i.G. noch zu löschen. Wir wollen nicht mehr in Gründung sein, sondern richtig sein – mit allen Rechten und voll geschäftsfähig.
Es ist der 19. Oktober 2020, und unser Vorstand trifft sich beim zuständigen Notar zur Unterschrift. Leider liegt an diesem Tag noch nicht der Kaufvertrag auf dem Tisch. Immerhin können Lutz und Matthias unsere Genossenschaft ordentlich ins Genossenschaftsregister eintragen lassen. Oder die Eintragung beantragen. Oder so ähnlich.
In Folge prüft die zuständige Genossenschaftsregistereintragungszulassungsbehörde, die in Wahrheit zwar völlig anders heißt, aber genau diesen Namen verdient hat und deswegen hier so umschrieben wird. Sie arbeitet, sagen wir es vorsichtig, aus grundsätzlichen Erwägungen nicht im Hochdrehzahlbereich. Immerhin reichte ihr Grunddrehoment selbst im Corona-Modus noch aus, um in engem Schulterschluss mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), die aus irgendeiner Verordnung heraus eine unbedingte, uns allerdings unverständliche Zuständigkeit in Sachen Namensprüfung für sich reklamierte, nach ausgiebiger, gründlicher und sicher äußerst sorgfältiger Abwägung irgendwann im Dezember zu diesem finalen Schluss zu gelangen: Ihnen taugt unser Name nicht.
Echt jetzt? Denen gefällt unser Name nicht? Güterhallengenossenschaft Mannheim, so dachten wir bislang, sei so einfach wie treffend ein Name, der genau das sagt, was wir sind.
Neinneinnein. Man könne schließlich, so die von Amts wegen vorgetragene These, ja zu der Vermutung gelangen, dass eine Güterhallengenossenschaft Mannheim alle Güterhallen in Mannheim betreibe oder zumindest sehr, sehr viele, also quasi ein Mannheimer Güterhallenmonopolist sei, was zweifelsohne eine charmante Idee ist, bedenkt man all’ den Platz und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.
Wir aber wollen erstmal kleine Brötchen backen. Ein Brötchen. Und müssen uns nun einen neuen Namen überlegen. Mist.
Regelmäßig pilgern wir zurück zu ihr. Zu unserem einstigen Riesenspielzimmer. Dem Partyplatz. Der Rampengrillanlage. Und vor allem dem Parkhaus und Teilelager, das diese Halle mit ihrem schier unendlichen Platz uns bot.
Diese Abendausflüge sind Motivationsbooster. Es ist Hochsommer 2020. Geben wir auf? Niemals.
Die Zeit geht ins Land. Im Kalender steht der 8. April, wir fahren Patrouille im Hafen. Einfach mal nachschauen, ob die Halle noch steht. Unsere Halle oder die, die unsere einmal war und endlich unsere werden soll. Richtig, als Eigentümer, für immer.
In diesem seltsamen Corona-Frühling verhandeln wir mit dem Eigentümer. Notieren wir an dieser Stelle, dass dieser Prozess ein zäher ist. Wir lernen eines: Er muss nicht verkaufen. Vielleicht will er auch nicht verkaufen. Oder schon, aber nur teuer. Er hat keinen anderen Interessenten, aber den braucht er auch nicht, er hat ja uns. Immerhin reicht unser phantastisch weit gespanntes Netzwerk bis hin zu einem unabhängigen und vereidigten Baugutachter. Der sagt uns, was die Halle wirklich wert ist. Das interessiert uns sehr, den Verkäufer wiederum nicht. In Sachen Preisfindung hat er andere Ideen.
Solange genießen wir das milde Abendfrühlingssonnenlicht auf dunkelrotem Ziegelwerk. Ach, es könnte so schön sein, wenn …
Was ist das bloß: eine Genossenschaft? Warum diese Form und keine andere? Wo kann ich unterschreiben? Selbst wir Genossen sind, vorsichtig ausgedrückt, Anfang 2020 noch in einer Lernphase. Nur Lutz, unser Vorstand, kennt das Konstrukt und hat damit eine Menge Erfahrung. Deswegen haben wir ihn auch direkt zum Vorstand gewählt.
Klar, es gibt jede Menge Fragen. Lutz und Vorstandskollege Matthias bringen uns jede Menge harte Fakten an jenem 19. Januar 2020 mit. Es ist unmittelbar vor Corona, wir können uns einfach so treffen – alle in einem Raum im Mannheimer Platzhaus, dem Restaurant unseres Vertrauens auf dem Mannheimer Alten Messplatz.
Wer an diesem Tag ins Platzhaus kommt, weiß hinterher alles über Genossenschaften. Zumindest so viel, wie er wissen muss um mitzumachen, zum Beispiel also, dass diese Form von Unternehmung genau die ist, die uns ideal helfen kann, unseren Traum zu erfüllen. Der steht weiter unverrückbar fest: Wir wollen unsere Halle kaufen, in der wir neun Jahre gelebt haben. Na ja, zeitweise. Wir wollen unsere Heimat zurück!
Keine Reden mehr. Taten! Am 19. Dezember 2019 treffen sich zehn Freunde in der Mannheimer Neckarstadt, um unserem Traum der eigenen Halle – ja, genau: DER EIGENEN HALLE – einen Riesenschritt näher zu kommen. Ein Abend, ein Ziel: Als wir auseinandergehen, ist unsere Güterhallengenossenschaft Mannheim eG i.G. – kurz: GHG – formal gegründet.
Das Gründungsdokument mit den zehn Unterschriften macht uns stolz. Es zeigt jedem von uns, wie ernst wir es meinen. Wir wissen, dass ein langer Weg vor uns liegt. Wie lange er am Ende werden soll, wie steinig und schwierig – ja, auch das ahnen wir an diesem Dezemberabend bereits, irgendwie. Und vielleicht ist es auch gar kein Riesenschritt gewesen. Aber ganz sicher ist es der erste, der jetzt allen zeigt, wie ernst wir diesen Plan nun nehmen. Irgendwann werden unsere Oldtimer wieder ein Zuhause haben.